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Zunahme sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Sachsen

Straftaten im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sind im vergangenen Jahr in Sachsen deutlich häufiger zur Anzeige gebracht worden. Wie aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für 2021 hervorgeht, gibt es in vielen Bereichen eine Abnahme der Delikte — nicht so bei der Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Ein Alarmzeichen für die Expertinnen der AWO Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche „Shukura“.

Viele Fälle bleiben im Dunklen

„Shukura“-Leiterin Heike Mann: „Neben den seit Jahren steigenden Zahlen im Bereich des sexuellen Kindesmissbrauchs gab es 2021 im Vergleich zum Vorjahr einen 127,7 prozentigen Anstieg in Fällen von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung von kinderpornografischen Schriften. Diese Entwicklungen zeigen einerseits, dass es eine verbesserte Wahrnehmung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche gibt, die sich u.a. in einer gesteigerten Anzeigebereitschaft abbildet. Andererseits stellen die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik nur das Hellfeld dar – also das, was ans Tageslicht kommt. Dunkelfeldstudien gehen davon aus, dass auf einen Fall, der bekannt wird, 15-20 Fälle kommen, die im Verborgenen bleiben“, sagte Frau Mann. „Das eigentliche Ausmaß
sexualisierter Gewalt ist also um ein Vielfaches höher.“ Die WHO geht von ein bis zwei betroffenen Kindern pro Schulklasse aus.

Zahl der Anfragen bei AWO-Fachstelle in Dresden steigt

Dass die Wahrnehmung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche stetig zunimmt, spüren die Mitarbeiterinnen der AWO Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche „Shukura“ jeden Tag in Form gestiegener Anfragen nach Fallberatungen, Fortbildungen und Unterstützungsanfragen in der Prävention sexualisierter Gewalt. Bei Fall- und Fachberatungen gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von 8,5 %. itarbeitenden in Kindertagesstätten, Schulen, Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe werden geschult, auch bei Eltern und der breiten Bevölkerung ist das Thema stärker im Fokus. Das hat zur Folge, dass Notlagen von Kindern und Jugendlichen schneller wahrgenommen werden. An Fachkräfte im Bereich Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt werden immer mehr und komplexere Unterstützungsbedarfe herangetragen.

Nur fünf Anlaufstellen in Sachsen

In Sachsen gibt es nur fünf auf das Thema sexualisierte Gewalt spezialisierte Anlauf– und Beratungsstellen. Diese befinden sich, mit einer Ausnahme, in den drei sächsischen Großstädten. Das heißt, die notwendige und adäquate Unterstützung von betroffenen Menschen, Helferinnen und Helfern ist vor allem in ländlichen Gebieten nicht gegeben. Die personellen und materiellen Ressourcen der bestehenden Angebote stagnieren bei kontinuierlich ansteigendem Fallanfragen und einer Erweiterung des Aufgabenspektrums. Das heißt, die notwendige Versorgung ist nicht ausreichend gesichert.

„Shukura“-Leiterin Heike Mann: „Es ist wunderbar, dass Menschen sensibilisierter sind, weil Kinder dadurch die Chance haben, schneller Hilfe zu bekommen. Allerdings werden Helferinnen oft allein gelassen und treffen z.T. aufgrund fehlenden Wissens oder mangelnder Unterstützung auch fatale Fehlentscheidungen, die dazu führen, dass Kinder in Notlagen allein gelassen werden. Es ist nach wie vor keine Seltenheit, dass Kinder und Jugendliche ihre Rechte auf Schutz vor sexualisierter Gewalt und auf Hilfe nicht kennen. Viele Eltern und Fachkräfte sind nicht in der Lage, auch nur über sexualisierte Gewalt zu sprechen. Es ist dringend notwendig, dass in Sachsen flächendeckende Präventionsangebote für Kinder und vor allem Erwachsene installiert und ausreichend finanziert werden. Die wenigen spezialisierten Angebote können der Flut der Anfragen aufgrund der begrenzten Kapazitäten nicht gerecht werden. Sie sind heillos überlaufen, haben lange Wartelisten oder müssen Anfragen ablehnen. Das bedeutet, dass vielen Betroffenen die erforderliche Hilfe nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Es darf nicht sein, dass es im Jahr 2022 in Sachsen immer noch Glückssache ist, ob es Unterstützung für Kinder, Eltern und Helfer im Kontext sexualisierter
Gewalt gibt.“

Aus Sicht der Mitarbeiterinnen von „Shukura“ muss das Netz der spezialisierten Fachberatungs- und Anlaufstellen im Kontext sexualisierter Gewalt in Sachsen dringend flächendeckend ausgebaut und mit ausreichend Personal ausgestattet werden. Mit gleichbleibenden Ressourcen können spezialisierte Beratungsstellen nicht immer mehr und komplexere Aufgaben übernehmen. Für Dresden konkret heißt das, dass die vor einigen Jahren getroffene Entscheidung, die bestehende spezialisierte Fachberatungsstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt und deren Angehörige abzuschaffen, rückgängig gemacht werden muss und dass die Präventionsfachstelle „Shukura“ deutlich und nachhaltig personell aufgestockt werden muss. „Wir, die Erwachsenen können sonst dem Recht der Kinder und Jugendlichen auf Schutz und Hilfe nicht immer gerecht werden“, sagte „Shukura“-Leiterin Heike Mann.

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